An meiner Tochter hat mich im berühmt-berüchtigten zweiten Lebensjahr immer wieder beeindruckt, wie rekordverdächtig stark man sich über Dinge aufregen kann. Ein falsch geschnittenes Butterbrot, der gelbe statt des grünen Bechers, eine Hummel auf dem Balkon? Alles ausreichende Gründe, sich mindestens auf den Boden zu werfen, rekordverdächtig rot anzulaufen und zu brüllen. Minutenlang. Untröstlich.
Apropos brüllen. Versuchen Sie jetzt gleich mal so laut zu brüllen wie ein schlecht gelauntes Baby. Los, nur Mut. Zehn Minuten am Stück zu brüllen, quasi ohne Luft zu holen? Das schaffen wir überhaupt nicht. Unsere Kleinen haben das drauf. Ich weiß nicht genau, ob irgendein Juror dieser Erde die Nerven hätte, einen Weltrekordversuch mit hundert schreienden Babys auszuhalten. Aber spannend wäre das schon. Natürlich würde man das aus ethischen Gründen nicht machen. Auch unser Nachwuchs schreit ja nicht wirklich gerne, oder doch? Es gab Zeiten, da war ich mir da nicht so sicher.
Einen absoluten Rekord, der eng mit dem Brüllen verknüpft war, musste meine Kleine absolvieren. Das Kind hatte sich tatsächlich "einfallen lassen", sechs Zähne auf einmal zu bekommen – mit zarten vier Monaten. Ich weiß, ich weiß: Sie wurde zu diesem Versuch von ihren verdammten Schnellstartergenen gezwungen. Es war furchtbar. Wir haben alle gemeinsam gelitten.
Der Sohn von Tina, einer Leserin, versuchte zu gehen, bevor er krabbeln oder sitzen konnte. Es war ihm auch nicht bewusst, dass er sich an Gegenständen hochziehen kann. Er ging in eine Art Vierfüßlerstand und schob den Po hoch. Ein süßes, kleines Dreieck quasi. Diese Position ("Köpfchen auf den Boden, Windel in die Höh'") hielt er bis zu zwei Stunden am Stück durch. Zeigen Sie mir einen Erwachsenen, gerne auch einen Spitzensportler, der das kann! Dann höre ich auf, über Rekorde zu reden. Der Kleine hat das Projekt nach einigen Wochen übrigens abgebrochen und dann doch lieber gelernt, erst mal zu krabbeln. Vielleicht war es ja auch hilfreich, dass Tinas Mann jeden Abend zwei Stunden lang zeigte, wie man krabbelt. Tina fand diese Zeit ganz lustig, mit beiden Männern, die irgendwie auf dem Parkett verhaftet waren.
Eine rekordverdächtige Sache an Kindern ist mir noch eingefallen, etwas Subtileres. Ist Ihnen schon mal aufgefallen, was Kinder für ein tolles Timing haben? Die Windel wird immer erst so richtig voll, wenn man unterwegs ist. Hunger oder Durst stellen sich erst dann ein, wenn sie im Bett liegen. Erst wenn ein anderes Kind das Sandförmchen benutzt, brauchen sie es, als hinge ihr Leben davon ab. Wenn man gerade losgehen will, muss der Teddy noch zugedeckt werden und so weiter. Das ist auch eine ganz spezielle Fähigkeit, oder nicht?
Insgesamt ähnelt das Leben mit Kindern einem Wettlauf. Einem Wettlauf, der trotz aller Anstrengung immer wunderbar und fröhlich ist. Wir Mütter sind gleichzeitig Teilnehmer, Schiedsrichter und Berichterstatter. Schon eine besondere Aufgabe – eine besonders schöne, wie ich finde.